Zum Tod von Dr. Nora Goldenbogen

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Mit großer Betroffenheit und Trauer haben wir am gestrigen Tag vom Tod von Dr. Nora Goldenbogen erfahren.

Dr. Nora Goldenbogen gehörte zu den wichtigen Fürsprechern für einen würdigen Ort der Erinnerung am Alten Leipziger Bahnhof und war Fördermitglied unseres Trägervereins. Sie begleitete die zahlreichen Diskurse rund um die Etablierung einer Gedenkstätte am ehemaligen Deportationsbahnhof mit Fachkenntnis, Engagement, Weisheit und Wärme. Ihre enge persönliche Verbundenheit mit der jüdischen Geschichte Dresdens, ebenso wie ihre große Expertise als promovierte Historikerin, stellten eine wichtige Inspiration und Stütze für uns alle dar.

Zu Noras Stärken gehörte es auch, Konflikte auszutragen, Meinungsverschiedenheiten auszuhalten und für ihre Überzeugungen zu kämpfen. Sie wog Argumente immer ab, nahm ihr Gegenüber ernst und suchte die Mitte. Auch diese menschliche Qualität wird uns sehr fehlen.

1949 als Tochter einer rumänischen Jüdin und eines deutschen Kommunisten in Dresden geboren, engagierte sich Nora Goldenbogen seit den 1980er Jahren aktiv für das jüdische Leben in ihrer Heimatstadt. Als Mitgründerin und langjährige Geschäftsführerin von HATiKVA e.V. wurde sie zur zentralen Mittlerin des Judentums in seiner Kultur, Geschichte und Religion. Seit 2003 war sie Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, ein Amt, das sie bis 2020 ausübte. Seit 2017 bis zu ihrem Tod war sie Vorsitzende des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden.

Besonders laut und unbeugsam trat sie gegen das Wiedererstarken von rechtem Gedankengut, Neonazis und neurechten Bewegungen auf. Sie wandte sich dabei wie keine andere gegen Geschichtsvergessenheit und Revisionismus.

Bereits mit HATiKVA engagierte sie sich dafür, die Geschichte des Alten Leipziger Bahnhofs während der Zeit des Nationalsozialismus publik zu machen. Trotzdem war bis vor wenigen Jahren nur einer kleinen Minderheit in Dresden bekannt, dass von diesem Ort im Januar 1942 der erste große Deportationstransport von Jüdinnen und Juden nach Riga erfolgte. An dieser Stelle eine Gedenkstätte einzurichten, in der geforscht, gelernt und erinnert werden kann, war ihr bis zuletzt ein großes Anliegen. Die Einweihung wird sie nun leider nicht mehr erleben.

Nora Goldenbogen hinterlässt einen großen Wissensschatz, der sich in zahlreichen Fachbeiträgen und Büchern wiederfindet. Besonders hervorzuheben ist dabei die Herausgabe des Buches „Einst und Jetzt. Zur Geschichte der Dresdner Synagoge und ihrer Gemeinde“ aus Anlass der Weihe der neuen Synagoge 2001. Vor zwei Jahren schließlich erschien ihr persönlichstes Werk. In „Seit ich weiß, dass du lebst – Liebe in finstersten Zeiten“ schildert sie die Liebesgeschichte ihrer Eltern, die beide voneinander getrennt den Holocaust überlebten, die Mutter in Rumänien, der Vater im KZ Sachsenhausen und dem folgenden Todesmarsch.

Mit ihr verlieren wir eine große Ratgeberin. Wir werden uns bemühen, in ihrem Sinne weiterzuarbeiten. 

In Dankbarkeit und tiefer Trauer

Der Förderkreis Alter Leipziger Bahnhof


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