Ein historisches Bild des Bahnhofsgebäudes des ehemaligen Leipziger Bahnhofs aus dem frühen 20. Jahrhundert, das einen leeren Platz und umliegende klassische Architektur zeigt. Die Pflastersteine auf dem Platz sind deutlich erkennbar. Im Vordergrund steht rechts, durch einen Pfosten halb verdeckt, ein Milchwagen, der außen mit "Pfundsmolkerei" beschriftet ist.

Die Anfänge des Eisenbahnverkehrs in Dresden

Der Name des Alten Leipziger Bahnhofs in Dresden geht auf den Bau der ersten Eisenbahnstation in der Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. In den 1830er Jahren verwirklichte die private Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Compagnie zwischen den beiden schnell wachsenden sächsischen Städten die erste Ferneisenbahnstrecke. 1839 wurde sie mit der ersten Fahrt eingeweiht, die in Dresden ihren Endpunkt hatte. Sie markierte den Beginn einer neuen Periode der deutschen Verkehrsgeschichte. In den Jahrzehnten nach seiner Eröffnung entwickelte sich der Bahnhof zu einem der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte in Sachsen.

Das sich schnell entwickelnde Zugstreckennetz führte bereits bis 1847 zur Eröffnung des unmittelbar benachbarten Schlesischen Bahnhofs – heute der Bahnhof Dresden-Neustadt – als Endpunkt der Bahnstrecke nach Görlitz und später Breslau. Beide Bahnstrecken wurden zunächst unabhängig voneinander privat betrieben.1876 erfolgte schließlich die Verstaatlichung des Bahnbetriebs zwischen Leipzig und Dresden.

Historische Aufnahme des Leipziger Bahnhofs mit der Bahnhofshalle im Hintergrund vor einem leeren gepflasterten Platz, auf dem sich mittig eine Straßenlaterne befindet. Neben der Bahnhofshalle steht ein nach vorne gerücktes Gebäude, das über dem Eingangsportal mit "Abgangs-Halle" beschriftet ist. Vor dem Eingang stehen klein zwei Personen. Die Szene ist sonst ruhig und verlassen.
Der historische Leipziger Bahnhof etwa 1910

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erlebte Dresden ein rapides Bevölkerungswachstum. Industrialisierung und Urbanisierung erreichten ihren Entwicklungshöhepunkt. Das schlug sich auch in der Entwicklung des Schienenstreckennetzes nieder: Auf Grundlage strukturierter umfangreicher Planungen erfolgten von 1892 bis 1901 weitreichende Umbauten. Schließlich verband man die Bahnstrecken nach Westen und Osten am 1897 fertiggestellten Bahnhof Dresden-Neustadt. Von dort fuhren ab 1901 alle Personenzüge gen Leipzig und Breslau. Ab diesem Zeitpunkt diente der Leipziger Bahnhof nicht mehr dem Personenverkehr, sondern dem Gütertransport.

Ort nationalsozialistischer Verbrechen

Als Güterbahnhof Dresden-Neustadt entwickelte sich der ehemalige Leipziger Bahnhof in der Zeit des Zweiten Weltkriegs zu einem Umschlagplatz für Rüstungsgüter und nahm eine wesentliche logistische Bedeutung für die nationalsozialistische Kriegsökonomie ein. Vermutlich diente er auch Zwangsarbeiter*innentransporten. Hierzu fehlen aktuell noch weitere Forschungen.

Historische Luftaufnahme der Stadt Dresden mit einem großen Bahnhofsareal in der Mitte, umgeben von dicht bebauten Wohngebieten. Es zeigt das Areal des ehemaligen Güterbahnhofs Dresden-Neustadt. Ein Bahnhofsgebäude ist mit weißer Schrift bezeichnet mit "Bhf. Dr. N.", ein weiteres mit "Güter-Bhf."
Luftaufnahme des Güterbahnhof Dresden-Neustadt, um 1930 | © SLUB Dresden, Fotothek

1942/43 bildete der Bahnhof den Ausgangspunkt für zwei große Deportationstransporte von als Jüdinnen und Juden verfolgten Menschen aus Dresden und Ostsachsen. Außerdem war er Zwischenstation für weitere Deportationstransporte mit Jüdinnen und Juden aus dem ganzen Deutschen Reich:

  • Am 21. Januar 1942 wurden in einem von Leipzig kommenden Sammeltransport mindestens 224 Personen von hier in das Konzentrationslager Riga deportiert. Fast alle von ihnen wurden ermordet.
  • Am 3. März 1943 wurden 297 Dresdner Jüdinnen und Juden in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Der größte Teil von ihnen war zuvor als Zwangsarbeiter*innen beim Rüstungsunternehmen Zeiss/Ikon in den etwa 1,5 km entfernten Göhlewerken eingesetzt worden; seit November 1942 waren sie in dem sogenannten „Judenlager Hellerberg“, einem Ghetto am nördlichen Dresdner Stadtrand, untergebracht.
  • Für weitere Deportationstransporte diente der damalige Güterbahnhof als Zwischenstation, so etwa für einen Transport von Jüdinnen und Juden aus Leipzig, Chemnitz, Dresden und dem sogenannten „Sudetenland“ am 13. Juli 1942 in das Vernichtungslager Auschwitz; auch ein Transport, der ab dem 10. September 1943 Menschen in das Ghetto Theresienstadt brachte, passierte auf seiner Fahrt über Mönchengladbach, Duisburg, Essen, Dortmund, Hannover, Braunschweig, Magdeburg zuletzt auch Dresden.

Die alliierten Bombenangriffe auf Dresden vom 13. bis 15. Februar 1945 verhinderten die für den 16. Februar geplante Deportation der letzten noch in der Stadt lebenden Jüdinnen und Juden. Zu den dadurch Überlebenden zählte unter anderen Renate Aris, 1935 geboren, die sich in den darauffolgenden Monaten bis zur Befreiung durch die Rote Armee verstecken konnte.

Güterbahnhof zu DDR-Zeiten und nach der Wende

Schon in den ersten Jahren nach Kriegsende wurde die Schieneninfrastruktur wiederhergestellt und der Güterbahnhof wieder in Betrieb genommen. 1968 wurde unweit des historischen Bahnhofsgeländes auf Höhe der Gehestraße ein Containerterminal fertiggestellt und eröffnet, das den Güterverkehr über Berlin zum Rostocker Ostseehafen bediente. Ende der 1980er Jahre war eine große Erweiterung der Infrastruktur geplant. Das Vorhaben wurde jedoch nach der friedlichen Revolution und Wiedervereinigung 1990 nicht umgesetzt. 2005 wurde das mittlerweile technisch und logistisch veraltete Containerterminal endgültig geschlossen, die Gebäude verfallen.

Blick in die ehemalige Empfangshalle des Bahnhofs: Ein verwahrloster Innenraum mit einem eingestürzten Dach und zerbrochenen Wänden. Das Gebäude ist stark beschädigt, überall liegen Schutt und Trümmer.
Die Empfangshalle des Bahnhofs 2024 © Förderkreis ALB

Seit den frühen 2010er Jahren bemühte sich die Großmarktkette Globus um die Ansiedlung eines Einkaufszentrums auf dem Gebiet rund um den ehemaligen Güterbahnhof. Die Pläne wurden jedoch ab 2014 zugunsten der Entwicklung eines gemischten Stadtquartiers gestoppt. Mittlerweile erfolgte zu diesem ein umfangreicher Beteiligungsprozess für das etwa 27 Hektar große Gesamtgelände. Den Gestaltungswettbewerb gewann eine Kooperation der KOPPERROTH Architektur & Stadtumbau PartGmbB gemeinsam mit Fabulism GbR und Station C23.

Mehr zur Diskussion rund um das teils noch erhaltene Gebäudeensemble des Alten Leipziger Bahnhofs erfahren Sie in unserer Chronik der bisherigen Diskussionen.


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